Verkehrssysteme der Binnenschifffahrt

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Schiff Verkehr und Fracht und tanker Dichte mit FleetMon Explorer für die Echtzeitverfolgung Schiff , Mississippi River, Gebiet New Orleans

Ein wichtiges Rädchen im Getriebe der globalen Lieferketten

Der riesige Lastkahn tuckert in Richtung Süden zum Golf von Mexiko. Ein Passant am Ufer des Mississippi kann den Motor des Schiffes kaum hören: Die andere Uferlinie ist kaum zu sehen, so breit ist der mit 3.730 km zweitlängste Fluss Amerikas. Seine Länge ist nur einer der vielen Superlative, die der Mississippi zu bieten hat. Als Binnenschifffahrtssystem (IWTS) kann seine wirtschaftliche Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Der Mississippi - Lebensader für die Wirtschaft

Nach Angaben der Upper Mississippi Waterway Association spielt der Binnenschiffsverkehr eine Schlüsselrolle in der US-Wirtschaft. Mehr als 60 % der US-Getreideexporte werden per Binnenschiff befördert, ebenso wie über 22 % des inländischen Erdöls und der Erdölprodukte und 20 % der zur Stromerzeugung verwendeten Kohle. Regelmäßige Binnenschifffahrtsdienste verbinden die Binnenhäfen des Mississippi mit den Seehäfen am Golf von Mexiko, wo Getreideladungen aus dem US-Maisgürtel und Industriegüter aus allen Teilen der USA auf den Seeweg umgeladen werden Schiffe.

Wie Mary Lamie, Geschäftsführerin des St. Louis Regional Freightway, betont, "spielt das nationale Binnenhafensystem ... eine entscheidende Rolle in der globalen Lieferkette". Scott Sigman, Leiter der Transport- und Exportinfrastruktur bei der Illinois Soybean Association, weiß, wie wichtig das IWTS ist: "60 % unserer Exporte gehen in die Golfregion". Und das ist immer ein Verkehr in beide Richtungen. Riesige Mengen von Importen aus der ganzen Welt erreichen den US-Binnenmarkt über Umschlaganlagen am Golf von Mexiko. Der Transport per Binnenschiff ist energieeffizient, entlastet Straße und Schiene und hat eine deutlich geringere CO2-Bilanz als der Straßen- oder Schienentransport.

Effiziente Transportmittel

Angesichts der erwarteten Verdoppelung der weltweiten Nachfrage nach Transportleistungen auf dem Wasserweg bis zum Jahr 2025 wird die Binnenschifffahrt weiterhin eine Schlüsselrolle in den globalen Lieferketten spielen. Deutschland ist da keine Ausnahme. Im Jahr 2019 bewegte die deutsche Binnenschifffahrt 205 Millionen Tonnen Güter, das sind 7,3 % der gesamten in Deutschland transportierten Gütermenge. Ein relativ kleiner Anteil, aber ein hocheffizientes und ökologisch sinnvolles Transportmittel. Mit der gleichen Menge an Primärenergie kann eine Tonne Güter 370 km mit dem Binnenschiff, 300 km mit der Bahn und nur 100 km mit dem Lkw transportiert werden. Die Tonnenkilometerleistung der Binnenschifffahrt pro Tonne Ladung hat sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt, während sich der Personalaufwand halbiert hat - ein äußerst effizientes Transportmittel also, wenn man so will. Setzt man diese Zahl für 2019 jedoch in den Kontext des vergangenen Jahrzehnts, entdeckt man eine noch beunruhigendere Wahrheit. Im Jahr 2017 lag das Gesamtfrachtaufkommen mit 228 Millionen Tonnen fast 6 % höher, und seit 2013 ist der Anteil der Binnenschifffahrt am gesamten in Deutschland beförderten Frachtaufkommen deutlich gesunken. Der Grund: niedrige Wasserstände auf Flüssen wie Rhein und Elbe.

Niedrige Wasserstände: eine Gefahr für die Binnenschifffahrt

Der Klimawandel bedroht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Binnenschifffahrt in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern. Im Jahr 2018 zwang der niedrige Wasserstand des Rheins den Chemieriesen BASF, die Produktion des wichtigen Kunststoffvorprodukts TDI in seinem Werk in Ludwigshafen einzustellen. Dem Unternehmen waren die Rohstoffe ausgegangen. 55 % der eingehenden Mengenströme in den weltgrößten Chemiekomplex kommen per Binnenschiff. Obwohl 2018 ein schweres Dürrejahr war, spiegelte es nur einen jahrzehntelangen Trend wider. Zwischen 1921 und 2002 wurden an der Messstelle Kaub im Mittelrheintal nur 88 Niedrigwasserereignisse registriert. Zwischen 2003 und 2018 waren es 123. "Der Rhein ist unser Lebenselixier", sagt BASF-Logistikchef Ralf Busche. "Ohne den Rhein wäre der Standort nicht mehr wettbewerbsfähig." Da das Niedrigwasser 2018 die BASF hunderte Millionen Euro gekostet hat, investierte das Unternehmen in digitale Wasserstandsvorhersagetools, bot Binnenschiffsbetreibern Zuschüsse für den Kauf moderner Schiffe an, die eine geringere Tiefe und eine größere Ladekapazität kombinieren, und entwickelte sogar selbst ein solches Binnenschiff.

Bedeutung der Binnenschifffahrt für globale Lieferketten

Die Seeschifffahrt kann es sich nicht leisten, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Binnenschifffahrt in Deutschland und anderen europäischen Ländern zu ignorieren. Schließlich ist die Binnenschifffahrt ein wichtiges Rädchen im Getriebe der intermodalen Lieferketten, insbesondere beim Transport von Massengütern. Jörg Peters, Hafenentwicklungsbeauftragter des Bremer Senats, sagte auf der #IWTS 2.0-Konferenz 2019: "Die Binnenschifffahrt ist nicht nur ein Thema für den Rhein, sondern vor allem für die Häfen in Norddeutschland. Unser Ziel ist es, dass dieser Verkehrsträger als ernstzunehmende Alternative zum Straßentransport gesehen wird."

Zukunftssicherung der Binnenschifffahrt

Aber nicht alles ist durch die Dürre verursachtes Ungemach. Auf derselben Konferenz berichtete der schwedische Vertreter, dass seit 2015 zum ersten Mal Frachtkähne im intermodalen Verkehr auf den Flüssen und Seen des Landes eingesetzt werden. Darüber hinaus machen die Digitalisierungsinitiativen in Deutschland die Binnenschifffahrt fit für die Zukunft. In von Nordrhein-Westfalen und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt initiierten Test- und Erprobungsprojekten wird die Entwicklung von autonomen Binnenschiffen vorangetrieben und eine webbasierte Trainingsplattform eingerichtet, um bestehendes Personal und Nachwuchskräfte im Umgang mit digitalen Werkzeugen zu schulen. "Modal shift is mind shift" ist das Motto dieser Digitalisierungsinitiative. In Anbetracht des intermodalen Potenzials von IWTS wäre dies auch ein passendes Motto für die Seeschifffahrt.