Ist der Schifffahrtssektor auf dem richtigen Weg, die Klimaziele zu erreichen?

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FleetMon unterstützt die ETH-Forscher bei der Suche nach der Antwort.

Die Bekämpfung des Klimawandels erfordert Maßnahmen in allen Sektoren. Die internationale Schifffahrt steht vor der Herausforderung, dass die Schiffe im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern eine lange Lebensdauer hat. Entscheidungen über Energieträger und Antriebstechnologien, die jetzt getroffen werden, haben einen langfristigen Einfluss auf die Emissionen des Sektors. 

Eine Forschungsgruppe am Institut für Energietechnik der ETH Zürich unter der Leitung von Prof. Dr. Konstantinos Boulouchos entwickelte ein Flottenumschlagsmodell für den Schifffahrtssektor, um dessen zukünftige CO2-Emissionen bis 2050 abzuschätzen. Dabei werden die CO2-Emissionen der bestehenden Schiffe und diejenigen der neu in die Flotte eintretenden Schiffe zu jährlichen Emissionswerten zusammengefasst. Ein fehlendes Puzzlestück für solche Modelle war jedoch bis vor kurzem die Frage, wie lange die vorhandenen Schiffe tatsächlich noch in Betrieb sein werden. Fehlende oder zu teure Daten haben Analysen zu diesem Thema verhindert.

Diese Forschungslücke wurde nun an der ETH Zürich geschlossen. Im Rahmen der Doktorarbeit von M.Sc. Maximilian Held wurde eine neue Methode zur Abschätzung der Überlebensraten von Schiffen entwickelt, die wesentlich weniger Daten benötigt.

Im Rahmen dieses Projekts initiierte M.Sc. Boris Stolz (ETH Zürich) eine Zusammenarbeit mit Dr. Jan Hoffmann von der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung. Dr. Hoffmann leitet den Bericht "Review of Maritime Transport", der jährliche Statistiken und Markteinblicke in den globalen Schifffahrtssektor liefert. Er wendete den an der ETH Zürich entwickelten Algorithmus auf Rohdaten von Clarksons Research Services an und fand heraus, dass sich die durchschnittliche Lebensdauer von Schiffen je nach Schiffstyp erheblich unterscheidet. Während Öltanker eine durchschnittliche Lebensdauer von etwa 24 Jahren haben, weisen Fähren und Passagierschiffe eine Lebensdauer von bis zu 40 Jahren auf. Außerdem wurde festgestellt, dass größere Schiffe in der Regel eine kürzere Lebenszeit haben.

Die Einspeisung dieser neuen Informationen in ihr Flottenumschlagsmodell ergab, dass viele Schiffe der derzeitigen Flotte auch in den nächsten Jahrzehnten noch in Betrieb sein werden. Die Spanne reicht von 19 % der derzeitigen Containerschiffflotte bis zu 58 % aller Offshore-Versorgungsschiffe, die 2040 noch in Betrieb sind. Dies bedeutet, dass die bestehende Schiffsflotte hohe gebundene (Locked-in) Emissionen aufweist. Selbst wenn alle neu gebauten Schiffe ab 2020 mit kohlenstoffneutralen Kraftstoffen angetrieben würden, würde allein die bestehende Schiffsflotte das 1,5°C-Kohlenstoffbudget überschreiten, d. h. die zulässigen Emissionen, um den Schifffahrtssektor mit dem Ziel der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C in Einklang zu bringen. Um diese Lücke zu schließen, sind weitere Maßnahmen zur CO2-Reduzierung wie Nachrüstungen, kohlenstoffneutrale Dieselmischungen oder betriebliche Maßnahmen wie das Langsamfahren erforderlich. Vor allem aber ist ein schneller Umstieg auf erneuerbare Energieträger erforderlich.

Die ETH-Forscher präsentierten ihre Erkenntnisse über die Lebensdauer von Schiffen und verschiedene Technologiepfade am 7th International Symposium on Ship Operations, Management & Economics. Derzeit sind diese Emissionsszenarien nur ein erster Schritt in ihrer Forschung. In Zukunft werden AIS- und Schiffskenndaten von FleetMon eine Verfeinerung dieser Näherungen erster Ordnung ermöglichen.

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