Nach jedem gegebenen Unfall: Ruf nach Schleppern als Standard wird lauter
in Updates, Trends von FleetMon HQDie Havarie des großen Containerfrachters "Ever Given" (IMO 9811000) am 23. März 2021 im Suezkanal wird die weltweite Schifffahrtsbranche noch jahrelang beschäftigen. Viele Fragen bleiben unbeantwortet: Hätte ein solches Unglück auch in Norddeutschland passieren können, zum Beispiel auf der Elbe vor den Toren des Hamburger Hafens? Oder: Was ist zu tun, um eine Verstopfung schnell zu beseitigen? Hans von Wecheln, maritimer Berater aus Husum, teilte seine Ideen mit dem THB (Täglicher Hafenbericht) und FleetMon. Wir veröffentlichen den Brief mit der freundlichen Genehmigung des THB-Chefredakteurs.

Leserbrief von Hans von Wecheln, Husum / Nordfriesland
"Die Ursache des Unfalls der Ever Given, der zu einer mehr als sechstägigen Sperrung des Suezkanals mit Folgeschäden in Milliardenhöhe führte, ist noch nicht geklärt. Dennoch müssen wir darüber diskutieren, wie große Frachter wie die Ever Given vor Unfällen geschützt werden können, wenn sie vor einem Unfall durch enge Gewässer fahren.
Neben Ausfällen der Antriebstechnik oder Ruderausfällen können auch physikalische Einwirkungen zu möglichen Unfällen führen. Mögliches Szenario:
Wenn Schiffe enge Fahrrinnen, wie Kanäle oder Engpässe in Flüssen, passieren, können gefährliche Strömungseffekte auftreten. Befindet sich das Schiff zu nahe an einem Ufer oder an einem anderen Schiff, tritt der "Schräglageeffekt" auf. Das schnell fließende Wasser erzeugt einen Sog und beeinträchtigt so die Manövrierfähigkeit des Schiffes.
Die wirksamste Hilfe bei solchen Sogwirkungen, Ruder- oder Maschinenausfällen sind geeignete Steuerschlepper am Heck, die dann gefährdete Schiffe durch enge Fahrrinnen begleiten. Diese Sicherheitsmaßnahme hat sich weltweit bewährt. Diese so genannten "Begleitschlepper" lenken oder stoppen das Schiff bei Gefahr und halten es so in einem sicheren Fahrwasser.
Auch der folgende Schiffsverkehr könnte in solchen Fällen besser gesichert und damit geschützt werden.
Bereits in den 1970er Jahren wurden in den USA Öltanker von Schleppern eskortiert. Norwegen folgte diesem Beispiel nach einem Unfall mit einem Gastanker tanker.
Nicht zu vergessen die Havarie der großen tanker 'Exxon Valdez' (213.855 dwt) vor Alaska am 24. März 1989, in deren Folge es zu einer schweren Öl- und Umweltkatastrophe kam, die hätte verhindert werden können, wenn es Begleitschlepper gegeben hätte.
Schlussfolgerung
Der jüngste Zwischenfall im Suezkanal mit dem Mega-Carrier "Ever Given" erfordert eine Überprüfung der Sicherheitskonzepte für die wichtigen europäischen Schifffahrtsgebiete und die angrenzenden Gewässer. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, bevor es zu einem Unfall kommt.
Ich bin davon überzeugt, dass der Einsatz von Begleitschleppern auf der Elbe, der zentralen Zufahrtsstrecke zum größten deutschen Universalhafen, drei wesentliche Vorteile bietet:
Vorteile von Escort-Schleppern
- Ab einer bestimmten Position wird am Heck eine Schleppverbindung mit einem dafür vorgesehenen oder nachgerüsteten Begleitschlepper hergestellt. Dies soll die Steuerungswirkung bei "niedriger Geschwindigkeit" unterstützen. Diese zusätzliche Sicherheitsmaßnahme könnte die Abstände zum nächsten großen Schiff verkürzen. So könnten statt zwei drei Schiffe innerhalb einer Flut im Seehafen abgefertigt werden.
- Bei technischen Ausfällen an Bord eines großen Frachters bleibt die Steuerfähigkeit des Schiffes intakt.
- Durch das Stoppen des in Not geratenen Schiff konnten nachfolgende Großfrachter, die ebenfalls mit einem Begleitschlepper verbunden sind, zurückgehalten oder verankert werden, bis wieder genügend Wasser unter dem Kiel war. Der Begleitschlepper hält den Frachter sicher in der Fahrrinne.
Der Betrieb von Eskortschleppern erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit von allen Besatzungsmitgliedern und vollen Einsatz auf der Brücke.
Nach einer achtstündigen Fahrt muss ein Austausch stattfinden. Bedeutet: Ein zweiter (neuer) Schlepper löst seinen Vorgänger als Begleiter ab. Der erste Schlepper kann dann eine Ruhepause einlegen oder eine dritte Besatzung geht an Bord. Das wiederum hat den Vorteil, dass ein zweiter Schlepper für jeden Einsatz zur Verfügung steht.
Kurz gesagt: In der Regel sollten drei Schlepper für die Eskortierung und zwei weitere für den Austausch vorgesehen werden.
Im Hamburger Hafen, dem drittgrößten Seehafen Europas, könnten mit vier bis fünf Begleitschleppern drei große Frachtschiffe gleichzeitig während einer einzigen Flut sicher (!) eskortiert werden. "
In unserem Artikel erfahren Sie mehr darüber, wie die Blockade des Suezkanals die Anfälligkeit der globalen Lieferkette verdeutlicht hat.